Seminar 1 Thema 9
9. Abend:
In der Wunde liegt die Chance!
Verletztheit muss kein Dauerzustand bleiben!
THEORIETEIL:
1. Der Wunde Bedeutung geben
2. Wie kann ein Mann seine Wunde vergolden?
3. Was ist Transformation im Gegensatz zum bisherigen Heilungsverständnis
1. Der Wunde Bedeutung geben
Die wichtigste Frage an den Mann ist, wie geht er mit seinen Wunden um.
Verletzt sich ein Kind, deckt es die Wunde zu und rennt schreiend zu Mama.
Ist ein Pflaster ´drauf und sieht man die Wunde nicht mehr, ist´s schon halb so schlimm .. und Mama tröstet.
Wir Männer haben da wenig dazugelernt: Die männliche Reaktion auf eine Verwundung ist, so zu tun als habe uns das nicht verletzt, das Herz zu verstecken, den starken Mann zu spielen … und auch zu „Mama“ rennen wir noch instinktiv – wir denken an Sex und weibliche Zuwendung um dem Schmerz zu entfliehen.
„Ha,Ha – das tat mir doch gar nicht weh“, sagt der kleine Junge, der geschlagen worden ist … ätsch daneben, nicht getroffen, Schnaps gesoffen“.
Der erwachsene Mann wird lauter, lacht lauter, wird zynisch und gibt sich angriffslustig, man berieselt sich immer mehr mit Medien, um Ablenkung zu bekommen, man will den Schmerz nicht zu spüren, man sexualisiert die Gefühle immer mehr – langfristig rutscht man in Süchte um das schreiende Herz zu betäuben.
Keiner wendet sich seinem Schmerz freiwillig zu.
Die ersten Männer, die dies erkannten waren die Wüstenväter.
Tausende junger Männer flogen zu ihnen, weil sie aus dem römischen Kirchsystem ausgewiesen wurden.
Sie flohen in die Wüste und die Wüstenväter sperrten ihre Heilungssuchenden erst mal einige harte Tage ein in ein stilles Kämmerlein.
Sie sollten ihren Schmerz wieder spüren können und aus nicht wenigen Kellions (Gemäuer) gab es laute Schreie zu hören.
Aller Schmerz – über die lange Schifffahrt gut verdrängt – stieg in ihnen auf und suchte seinen Ausdruck.
Nun sind wir in der heutigen „Seelenbehandlung“ etwas weicher geworden und wir suchen nach einem alternativen (wenn dann eben auch ggf. länger dauerndem) Weg.
Jeder Held wird auf seinem Heldenweg einmal derart hart verwundet, dass er kaum noch aufzustehen vermag.
Jeder Männerfilm ist gleich gestrickt, der Held fällt, er wird zusammengeschossen, von Freunden verlassen und verraten, Chefs wenden sich ab von ihm, er bekommt Verachtung zu spüren und er verliert zum Schluss selbst noch den Glauben an sich.
Aber irgendwann – oft ist es nur durch einen einziger Satz, fasst er neu vertrauen, steht wieder auf, nimmt noch mal was in die Hand und erreicht einen heldenhaften Sieg zum Wohle der Menschheit.
Oft steht ihm dann eine Gruppe von Männern (und oft auch eine „ wilde“ Frau zur Seite und jeder „Kumpel“ ist ständig damit beschäftigt dem anderen das Leben zu retten. So sind sie – die Männerfilme und die Männerherzen – das ist das Holz aus dem Mannhaftigkeit „gestrickt“ ist.
Das wertvollste, was wir Männer in die Männerarbeit heute einbringen können sind nämlich unsere Wunden.
In „schlagenden“ Studentenverbindungen „muss“ jeder eine Narbe im Gesicht tragen und er muss wissen wer sie ihm geschlagen hat.
Für einen Mann ist seine Wunde eine Sache der Ehre.
Männer müssen kämpfen, müssen ihre „Verwundungen“ lieben lernen, bevor sie sie loswerden können.
Das Leben ist kein Zuckerschleck – ich denke Mannsein ohne Verwundung ist fast nicht möglich.
Frauen haben ihren heftigen Menstruationsschmerzen und die machen sie zur reifen Frau.
Es gibt auch keine schmerzfreie Geburt eines neuen Menschen leiblich gesehen– das gilt offensichtlich auch für die geistliche Geburt des Mannseins!
Das Gute ist eben ´dran – man kann diese Wunde durchaus vergolden, wenn man mal Gott ´dranlässt und eben nicht die Frauen!
Sie sind es, die uns zur Besinnung brachte und wir sind ihr dankbar – wir spalten sie nicht mehr ab sondern integrieren sie als Kraftpotential.
Große Männer und große Terroristen haben etwas gemeinsam – sie haben deftige emotionale Wunden erfahren!
Die einen haben sie zu ihrer Leidenschaft transformiert, diese Welt zu ändern, die anderen wollen sie nur noch in die Luft sprengen.
Wunden haben etwas Heiliges an sich und sie können „gewinnbringend“ eingesetzt werden!
Oft liegt unsere größte Berufung gerade ab der Stelle, an der die Wunde sitzt.
Klar – da war einer, der diese von Gott erdachte Berufung zum Segen dieser Welt zerstören wollte und das von Anfang an.
Das ist der Job, den das Böse tut – verwunden, zerstören, niederdrücken.
Man sagt unsere Berufung sei uns wie auf die Stirn geschrieben und jeder Engel oder Dämon könne das sehen und wieder erneut hineinstechen.
So ist die „Wiederholgenauigkeit“ der Wunde zu erklären.
Jeder Mann muss es also lernen, seine geistliche „Kriegsverletzung“ – seine schmerzhafte Geschichte – zu erzählen und seine Wunde zu beschreiben.
Oft bilden sich um diese Wunden Männerselbsthilfegruppen. Suchthilfegruppen, 12 Schritte-Programm-Gruppen, Trauergruppen, Gruppen von Geschiedenen – Männer suchen automatisch „Kumpels“, die ähnliches erlebt haben.
Wunden haben etwas Anziehendes – die, die die gleiche haben strömen automatisch dorthin zu dem, der sie dann verstehen kann.
Ja, wir sind eine Gemeinschaft von Verwundeten.
Viele von uns haben immer noch eine blutende Vaterwunde, einige verschmerzen noch eine heftige Lebenswunde wie der Verlust der Familie oder des Arbeitsplatzes, andere fühlen Schmerz über eine Gemeinde, die sich in ihren Augen selbst zerstört.
Manche schaffen es nicht sich eine Frau zu nehmen.
Wieder andere sehnen sich nach Vaterschaft bei Leitern und bekommen diesen Wunsch nicht so gestillt, wie ihr Herz es sich vorstellt.
Nun kommt Leid nicht gerade von Gott und dennoch macht Leid vor Gott einen Sinn. Klar – der Böse will uns zerstören mit Bitterkeit, Frust und Selbstmordgedanken, aber wir können das alles (mit einem gewissen geübten Geschick im Umgang mit unserem Herzen drehen und es in einen Segen für uns und andere verwandeln.
Nun glauben wir ja als Christen in der Männerarbeit, dass gerade diese Wunden uns und anderen zum Segen werden können – wenn wir es nur irgendwie schaffen können, sie zu transformieren. Und unser Herz ist von Gott emotional intelligent geschaffen – manche schaffen dies sogar ohne Gott – einfach durch ein klares Verständnis der Notwendigkeit.
1.Petr 2,24: „Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.“
Und so können wir als Nachahmer Christi ebenso selbst und dazu noch andere an unseren Wunden heil werden, wir müssen nur die Auferstehung hinbekommen. … und das heißt wohl „Sterben“, damit wir die Auferstehung gratis dazubekommen.
– Die besten Leiter der Weltgeschichte sind unter schlechten Leitern herangewachsen.
– Die einfühlsamsten Menschen heute wurden einst brutal behandelt.
– Männer, denen heute alles gelingt, hatten jahrelang schlimme Pechstränen.
2. Wie kann ein Mann seine Wunde vergolden?
Wie soll das aber geschehen?
Nun empfiehlt Richard Rohr uns einen sanfteren Heilungsweg als die Wüstenväter: Wir sollen unsere Wunde auf Händen vor uns hertragen – so hat man sie selbst vor Augen und zeigt sie gleichermaßen den anderen.
Und das solange, bis es einem nichts mehr ausmacht, dann ist die Übung abgeschlossen – der Schmerz überwunden.
So verliert die Wunde ihre Macht über uns, sie kommt an ´s Licht und verdirbt somit nicht mehr unser Inneres, wo sie fault und immer schlimmer wird.
Andere wissen, die Wunde gehört zu ihm und das ist nicht mal schlimm so – es macht ihn so sympathisch, er darf sie haben!
Nun braucht das Herz ganz schön lange bis es dazu bereit ist.
Erstens dauert es, bis man seine Wunde klarer selbst sehen kann, zweitens braucht es Zeit bis man sie anderen deutlich verständlich machen kann und drittens will „das Ding „nicht freiwillig ans Licht“ – man könnte seinen Ruf verlieren, man könnte abgelehnt werden dadurch und somit weniger Anerkennung bekommen, andere könnten das sogar gegen einem verwenden, wenn es um Karriere oder Amtsbesetzung geht.
Das innere Kind hält die Wunde zu, keiner soll sie sehen so intim ist sie, es schmollt, es sinnt auf Rache, es will bedient werden und zwar sofort.
Die anderen sollen bestraft werden. Man muss gütig umgehen mit sich selbst und den anderen, sagen die Wüstenväter, sonst wird alles schlimmer.
Mit einiger Mühe aber kann man das innere Kind schon überzeugen, dass es intelligenter ist sie herzuzeigen als sie weiter zu verstecken.
Der Arzt würdet die Wunde, es sagt dem Kind, das tat aber bestimmt sehr weh, er lobt es für seine Wunde und sein heldenhaftes Durchstehen.
Irgendwann ist das Kind stolz auf seinen Gips, irgendwann lässt es die anderen daran teilhaben, es auch schön etwas getröstet zu werden von den anderen.
In jeder Heldengeschichte muss der Held verwundet werden und sehr schmerzhaft genesen.
Aber warum die Wunde fast öffentlich vor sich hertragen?
Das hat etwas mit Scham zu tun. Wir schämen uns für unsere Empfindungen, wären gern ein unverletztbarer Held, den nichts treffen kann. „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt´s sich völlig ungeniert“, ist der Slogan, ja die Scham nimmt beim Vorzeigen langsam ab, damit die immense Behinderung durch die Wunde und es macht anderen Mut. „Wenn der trotz so einer heftigen Verwundung nun doch so leidenschaftlich weiterkämpft, will ich es auch versuchen!“
Jeder ist ein Baustein des Leibes Christie – insofern ist jeder gerade mit seiner Wunde so ein wichtiger Zeuge des Evangeliums, das es zu beweisen gilt, dass es funktioniert – man kann wirklich der Schippe des Bösen entkommen und ihm dem Spieß umdrehen!
Den eigenen Schmerz zum Kreuz bringen heißt aber auch, dass vor diesem Kreuz eine Runde von Brüdern anwesend ist, die das irgendwie mitbekommen.
Offensichtlich reicht für die Heilung das stille Kämmerlein nicht aus, man braucht einen „Abbas“ der vorbeischaut oder zumindest aber Brüder, die da sind und Verständnis haben.
Wir wurden von Menschen verletzt, also bedarf es auch Menschen, die bei der Heilung dabei sind!
3. Was ist Transformation im Gegensatz zu Heilung
Es gibt wenige Fälle, wo Gott sofort eingreift und heilt – wir sehen uns danach, dass alles „weg“ ist und wir wieder bequem weiterleben könne, so als wenn wir völlig unbeschadet wären.
Aber das will Gott offensichtlich nicht – viele lässt er recht lange in der „Scheiße sitzen“, weil der dort unten seine Lektion noch nicht gelernt hat.
Das ist Männer-Liebe, Mutter würde sofort reagieren und den armen Kerl herauszuziehen versuchen, der Vater kann warten und zu sehen (!) und glauben, dass der schon irgendwie selbst zurechtkommen muss damit, um ein echter Mann zu werden.
Wir reifen an dem was wir leiden, insofern geht es eben ohne Leid nicht.
Hebr 5,8: „So hat er, obwohl er Gottes Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt.“
Man kommt nicht wirklich weiter, wenn alles zu glatt läuft!
Da darf man sich keiner zu weiblichen Schmusereligion zuwenden, wie sie in manchen Gemeinden um sich greift.
Das Leben ist hart – Gott hat uns kein leichtes, sondern ein volles Leben versprochen – nicht nur ständig Sahne, nein es gibt auch festes Schwarzbrot im Reich Gottes zu essen.
Zum normalen Lebensweg des Mannes gehören Wunden – aber es gehören auch Freunde dazu die einem wieder heraushelfen, neu Vorbild geben und einem inspirieren für etwas Größeres als nur Reichtum, Größe und persönliches Wohlbefinden.
Heutiges Problem ist aber, dass die Gemeinde oft nicht weiß wie sie Männern helfen soll mit ihren Wunden zurecht zu kommen.
LITERATURTEIL
Thomas Härry: „Das Geheimnis deiner Stärke – wie Gott deine Lebensgeschichte gebrauchen will“ SCM-R.Brocxkhaus 2009
John Eldredge: „Der ungezähmte Mann“, Brunnen 2005
David Murrow: „Warum Männer nicht zum Gottesdienst gehen“, Cap-books 2011
Steve Biddulph: „Männer auf der Suche“ – Sieben Schritte zur Befreiung“, Heyne 2003
Dieter Bauer (Hrsg.): „Männer weinen heimlich“ Kath. Bibelwerk 1993
PRAXISTEIL
Die große Tragödie
Dauer: Ein Abend
Die geistige Welt stellt uns in unserem Leben vor viele Prüfungen.
Ob sie von Gott oder vom Bösen kommen oder ich sie selbst auslöse ist manchmal völlig unklar.
Sicher steht das Böse dahinter, das meinen Ruf in dieser Welt einen Unterschied zu hinterlassen, elementar vernichten will und mich genau da angreift wo meine größte Berufung liegt.
Wunden sind wie Wurzeln aus den wir Gutes und Schlechtes ziehen.
Ohne Kontakt zu unseren Wunden verdorrt unser Lebensbaum – das Leben wir starr und unbeweglich, weil wir immer Angst haben, dass der Schmerz von damals wieder hochkommt.
Verletzungen, die wir nicht in unser Leben integriert haben wiederholen sich – wir verletzen uns und andere damit.
Durch unsere Wunden haben wir Zugang zu unserem eigentlichen Kern.
Wenn wir ihn entdecken, bleiben wir nicht bei unseren erlittenen Verletzungen stehen, sondern sehen durch sie hindurch wie in einem Fenster.
Tragödien können sein, ich wurde missbraucht, ich wurde verlassen, ich wurde rausgeworfen, ein Leiter hat mich abgelehnt, ein anderer wurde mir vorgezogen, ich wurde aussortiert, ich war im entscheidenden Moment zu feige.
Es sind Erfahrungen, wo mir es fast das Herz zerrissen hätte.
Ein Mann erzählt exemplarisch seine schlimmste Tragödie im Leben.
Die anderen fragen nicht nach – sie versuchen hinter den Zeilen herauszuhören, wie er es meint.
In der Runde wird nun von den Zuhören dargestellt wie diese Geschichte auf sie wirkte.
Dass sie den Schmerz im Raum regelrecht gespürt haben, dass sie spüren, dass er da noch nicht durch ist, dass sie empfinden, dass dies wirklich eine schreckliche Tragödie ist, an die Jeshua (Jesus) noch mal hin will.
Lk 19,10: „Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was (in uns) verloren ist.“
Die Transformations-Black-Box.
Dauer ca. 45 Min pro Person
Gutes und Böses ist oft verbundene wie ein Gemenge – dieses Set muss durchschaut werden.
Aber reines verstehen und Spannungen lösen ist erst der Anfang.
Man muss es geistlich deuten, damit die Seele einen Sinn darin erkennen kann.
Es geht darum, in meinen Wunden meine Begabungen zu entdecken. In der Wunde liegt immer also auch eine Chance, eine Berufung, aber auch eine große Gefahr.
Nicht umsonst hat gerade da das Böse versucht, mich lahmzulegen, weil da am meisten Segen hervorbringen kann.
Und tatsächlich hat es der Teufel ja beinahe erreicht und wird nicht all sein Terrain minenfrei und ganz sauber gekehrt zurücklassen.
Viele sind schon mitten in ihrer Berufung gescheitert, weil sie zu unachtsam waren.
a) Ein erlittenes Liebesdefizit führt dazu, das ich ein Suchender wurde – ich kann mein Sehnsucht nach Zuwendung stillen, indem ich mich mir und anderen sehr stark zuwenden – ich kann aber auch ein übertriebenes Helfersyndrom entwickeln.
b) Erlebter Missbrauch von Autorität kann dazu führen, dass ich mich bemühe, anderen ein guter Leiter zu sein, es eben anders zu machen wie ich es erfahren musste, es kann aber auch sein, dass ich alles wiederhole oder in jeder Autorität einen sehe, der mich unterdrücken wund mir das Leben schwer machen will.
Im Zimmer wird eine schwarze Schachtet mit Schlitz aufgestellt.
Unter ist ein Schlitz aus dem man leere Zettel ziehen kann..
Jeder Mann füllt einen Zettel aus und wirft ihn oben ein – danach kann er unten einen leeren Zettel herausziehen und soll sagen, wie er sich diese Transformation vorstellt!
Meist fällt einem persönlich wegen der schmerzhaften Betriebsblindheit wenig ein – die anderen helfen und sagen wie diese Geschichte transformiert aussehen könnte.
Erlittene Verlassenheit kann dazu führen, dass ich es schaffe, anderen ein gutes Zuhause zu bereiten, es kann aber auch dazu führen, dass ich sie zu nah an mich binden aus Angst alle wieder verlieren zu müssen.
Unbeachtete Wunde geben wir an die nächste Generation weiter.
Unser Wunden können entweder zum Einfallstor von Dämonen werden oder zum Einfallstor seiner Gnade.
Unsere Wunden werden zu Geschwüren oder zu Perlen (Hildegard von Bingen).
FOLIENTEIL
Folien Seminar 1: neunter Abend |
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